Nürnberger 86er im Sommer 1971/72

Im September 1969, bei unserem ersten, kurzen Abstecher nach Beilngries, hatten wir uns vorgenommen, irgendwann dorthin wiederzukehren, um die Sulztalbahn näher zu erkunden. Im Juli 1971 war es soweit. Vater stellte uns für ein paar Tage seinen Käfer zur Verfügung und Helmut besaß inzwischen den Führerschein. Somit waren wir mobil und konnten uns auf Streckenaufnahmen konzentrieren. Übernachtet wurde im Zelt auf der Wiese von Bauersleuten, die Vater kannte. Noch wurde der gesamte Verkehr auf der Sulztalbahn Neumarkt/Opf. – Beilngries und auch auf anderen Stichbahn Burgthann – Allersberg, die beide von der Hauptstrecke Nürnberg – Regensburg abzweigten, von Tenderloks der Baureihe 86 bewältigt. Beide Strecken waren bis zu diesem Zeitpunkt einer Verdieselung mit Loks der Baureihe V 100 entgangen. Dass eine solche in Kürze erfolgen würde, war 1971 bereits abzusehen, gegen eine nachfolgende endgültige Stilllegung und Entfernung der Gleise glaubte man damals noch, sich erfolgreich wehren zu können. Umso mehr wollten wir diesen, Anfang der 70er Jahre bereits zur Rarität gewordenen, ausschließlich dampfgeführten Nebenbahnverkehr in Bildern festhalten …     

 

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… bei unserer Ankunft in Beilngries bot sich ein fast identisches Bild wie bereits zwei Jahre zuvor, am 2.9.1969: eine Nürnberger 86er lief gerade mit ihrem Personenzug (später zum Nahverkehrszug umbenannt) in den weitläufigen Bahnhofsbereich mit seinem stattlichen Bahnhofsgebäude ein, höchstens zehn Fahrgäste und das Zugpersonal verließen die Wagen und die Lokomotive löschte am bescheiden wirkenden Wasserkran mittels Ausleger ihren Durst. Danach wurde in einer Sägefahrt umgesetzt und Tender voraus wieder an den Zug  angekuppelt; Lokführer und Heizer zogen sich nach vorerst getaner Arbeit für eine Mittagspause zurück, ließen ihre Maschine vor sich hinschmaucheln und warteten, bis sich der Zug mit vereinzelten Fahrgästen, deren Zahl identisch war mit der Anzahl der Umbauwagen, „füllte“ und es zurück nach Neumarkt ging. Den Genuss solcher Bilder durfte man sich freilich nicht mit kritischen Gedanken an Rentabilität und Wirtschaftlichkeit verderben. Das Ganze hatte etwas überaus Beschauliches, inzwischen würde man eher „Stressfreies“ sagen. Der Begriff „Nebenbahnromantik“ traf schon damals nur zum Teil zu, weil er die wahren Probleme solcher Bahnstrecken oftmals verklärte, und eine rückwärtsgerichtete Nostalgie das fehlende Zukunftskonzept überlagerte. Auch wir waren ja schließlich erstmals nicht mit Zug und Fahrrad unterwegs, sondern erlebten die „Dampfromantik“ vom schnelleren Pkw aus. Mit der Entspanntheit des Fotografierens an der Brenztalbahn, dem geduldigen Warten auf die zwei oder drei Dampflok-Bilder, die dort pro Tag nur möglich waren, hatte das eher hektische Verfolgen eines Zuges mit dem Auto nur das Resultat gemeinsam. Und die Resultate waren automobilisiert natürlich bequemer und häufiger zu bekommen; freilich zeigten sie eher eine fotografierte Beschaulichkeit, keine wirklich selbst erlebte. Einen deutlichen Dämpfer erhielt diese Art der "Lok-Verfolgung" bei unserer zweiten Fahrt im August 1971, die nur die beiden älteren Brüder unternahmen. Die nächtliche Rückfahrt bei starkem Regen endete an einem Zwetschgenbaum. Glücklicherweise mit dem Heck des Autos. Die dustere 6 V-Lichtanlage des Käfers, die fehlende Fahrpraxis, Selbstüberschätzung, das Wetter, die Übermüdung ... -  das alles wirkte zusammen. Bei damals noch fehlenden Sicherheitsgurten und ebenso Kopfstützen, bei einem Tank, der sich direkt vor Fahrer und Beifahrer befand, war es gut, dass sich der Käfer zu einer halben Pirouette um 180 Grad entschlossen hatte und dann erst in einem Garten von besagtem Baum abrupt zum Halten gezwungen wurde. An eines erinnern sich die beiden Brüder bis heute: vor Schreck und Schock sitzen bleibend, warteten sie wie erstarrt, was nun geschehen würde. Die Besitzer des Hauses und Gartens kamen aus ihrer Wohnung, leuchteten mit der Taschenlampe in das Fahrzeug und meinten erschrocken: "Mein Gott, sind die noch jung!"

 

Wessen Internetverbindung für die großformatigen Bilder noch nicht schnell genug ist, kann hier die vollständige Fotoserie in einer maximalen Breite von 800 Pixel und einer maximalen Höhe von 600 Pixel anschauen: